Fall Anike Ekina: Plötzlich nicht mehr jugendfrei

Foto: Peter Schönberg für Anike Ekina
Auf Plattformen wie Instagram, Facebook oder TikTok entscheiden längst nicht mehr allein Menschen über die Sichtbarkeit von Inhalten. Automatisierte Moderationssysteme prüfen Posts, Songs oder Videos – und löschen oder beschränken sie bei vermeintlichen Verstößen. Oft beruhen diese Eingriffe jedoch auf Fehlklassifikationen.
Model und Musikerin Anike Ekina hat diese Erfahrung jüngst gemacht: Ihr neuer Song „I’m Not Your Girl“ wurde fälschlich als „nicht jugendfrei“ markiert. „Es ist frustrierend, wenn ein Song, der empowern soll, plötzlich unsichtbar wird – und das nur, weil ein Algorithmus falsch reagiert“, sagt Ekina.
Authentizität unter Druck
Für Ekina sind die Plattformen längst zu einem unberechenbaren Machtfaktor geworden. „Für Creators nimmt der Algorithmus die Rolle eines unsichtbaren Chefs ein – einer, der regelmäßig die Bewertungskriterien ändert, ohne sie transparent zu machen“, erklärt sie.
Dabei sei Authentizität auf Social Media zu einem Schlüsselwort geworden – jedoch mit klaren Grenzen. „Die Plattformen suggerieren, dass wir frei sind in unserer Selbstdarstellung. Aber in Wahrheit funktioniert Sichtbarkeit nur, wenn wir die ästhetischen und narrativen Muster bedienen, die die Netzwerke belohnen.“
Pretty Privilege und die Grenzen der Sichtbarkeit
Auch vermeintliche Vorteile können trügerisch sein. „Ja, Schönheit kann Türen öffnen – kurzfristig. Aber sie schützt nicht vor Hass, Kritik oder dem ständigen Vergleich mit anderen“, sagt Ekina. Der Begriff „Pretty Privilege“ beschreibt genau diesen Mechanismus: Der Algorithmus bevorzugt, was optisch ins Schema passt. Dauerhaften Erfolg sichere das aber nicht.
Stattdessen habe sich das Konzept von Authentizität etabliert – allerdings in einer stark normierten Form. „Authentisch zu sein bedeutet auf Social Media oft nicht, man selbst zu sein. Sondern so zu wirken, wie es die Plattform will: zugänglich, beliebt und visuell perfekt.“
Unsichtbare Regeln mit realen Folgen
Warum sind Algorithmen so mächtig geworden – und wie beeinflussen sie das Selbstbild von Millionen Menschen? Für Ekina liegt die Antwort auf der Hand: „Algorithmen entscheiden über Sichtbarkeit und Reichweite – und damit über Karrieren. Sie können in Sekunden zerstören, wofür man jahrelang gearbeitet hat.“
Ihr eigenes Beispiel zeigt, wie dünn die Grenze zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit geworden ist. „An manchen Tagen fühlt es sich an, als ob ich nicht mehr selbst über mein Bild bestimme, sondern nur noch über die Regeln spiele, die mir der Algorithmus vorgibt.“