Sind Frauen die besseren Pokerspielerinnen?
Die Zeiten, in denen vermögende Männer in verrauchten Hinterzimmern Poker gespielt haben, sind längst vorbei. Nicht nur, dass Poker mittlerweile auch ein Sport ist, wo Profiturniere veranstaltet werden, sondern auch, dass das Pokerspiel keine reine Männerdomäne mehr ist.
Es gibt immer mehr Frauen, die Gefallen an Texas Hold ‘em und Co. finden. Einige von ihnen treten sogar regelmäßig bei Turnieren gegen männliche Zockerkollegen an und bieten ihnen erfolgreich Paroli.
Wer sind die besten Pokerspielerinnen?
Wirft man einen Blick auf die Statistik der weltbesten Pokerspielerinnen im Global Poker Index, fällt das Ergebnis eher ernüchternd aus. Auf Platz 13 der Gesamtrangliste findet man die erste Frau: die Kanadierin Kristen Bicknell. Dann folgt lange gar nichts, bis auf Platz 121 die nächste Frau – die Amerikanerin Nadya Magnus – auftaucht. Das spricht nicht besonders für den Erfolg von Frauen in der Pokerszene, könnte man nun meinen.
Was diese Statistik in jedem Fall bestätigt, ist, dass Poker immer noch eine massiv von Männern dominierte Domäne ist. Dass hier weniger Frauen in der Liste auftauchen, ist daher kaum verwunderlich.
Der Global Poker Index wird zudem jede Woche aktualisiert und enthält nur die Spielergebnisse aus den letzten 36 Monaten, in denen die Pokerspieler- und spielerinnen an Turnieren teilgenommen haben. Das heißt, Spielerinnern, die nicht mehr an Turnieren teilnehmen, tauchen in diesen Statistiken gar nicht mehr auf.
Nach Beispielen für ehemals in Turnieren erfolgreiche Spielerinnen, die heutzutage „nur“ noch zum Spaß oder zu wohltätigen Zwecken pokern, muss man aber auch nicht lange suchen.
Die bis dato erfolgreichste Pokerspielerin der Welt ist die Amerikanerin Vanessa Selbst. Im Jahr 2014 führte sie Platz 1 der Weltrangliste für zwei Wochen an. Sie beendete gegen Ende 2017 ihre Profikarriere im Poker, nachdem sie gut 12 Millionen Dollar Preisgeld bei Live-Turnieren in ihrer gesamten Laufbahn gewonnen hat. Das kann man durchaus als erfolgreich bezeichnen.
Die erfolgreichste Pokerspielerin aus Deutschland ist Sandra Naujoks. Sie erspielte sich bei Turnieren zwischen 2009 und 2013 mehr als 1,7 Millionen Dollar an Preisgeld.
Frauen brauchen einen langen Atem, um sich in der Männerwelt zu behaupten
Wie in allen von Männern dominierten Bereichen haben Frauen oftmals mit Macho-Allüren ihrer männlichen Kollegen zu kämpfen. Das schreckt schon im Vorfeld viele Frauen ab, an großen Turnieren teilzunehmen, wo man sich einander gegenübersitzt. Daher spielen viele Frauen lieber online Poker als bei Live-Events.
Diejenigen, die sich aller Vorurteile zum Trotz dennoch an einen echten Pokertisch setzen, können jedoch oft Erfolge gegen ihre männlichen Mitstreiter erzielen – wenn sie das nötige Durchhaltevermögen haben. In einem Interview mit der Süddeutschen brachte Sandra Naujoks es einmal auf den Punkt: „Wenn ich könnte, würde ich mich vor jedem Turnier einer Geschlechtsumwandlung unterziehen. Es ist einfach schwerer, als Frau am Tisch zu sitzen. Die Männer spielen härter gegen mich als gegen männliche Kollegen, weil sie denken: Wenn ich nur genug Druck ausübe, wird sie schon nachgeben. Deshalb werde ich häufig vor harte Entscheidungen gestellt; muss zum Beispiel auch mit einem miesen Blatt bezahlen, in der Hoffnung, dass der Gegner noch schlechtere Karten hat. Wir nennen solche Ansagen „hero calls“: Dafür braucht man Eier.“
Welche Vorteile haben Frauen gegenüber Männern im Pokerspiel?
Da Poker ein aggressives Spiel ist, liegt die Vermutung nahe, dass es besser von Männern gespielt werden kann, als von Frauen. Da Aggressivität aber keine ureigene Eigenschaft von Männern ist, sondern erlernt wird, können sich auch Frauen diese Art und Weise des Spiels aneignen.
Frauen haben von Natur aus gewisse Vorteile gegenüber Männern, die beim Pokerspiel ins Gewicht fallen können: zum Beispiel die bessere Kontrolle über ihre Gefühlslage – ein Pluspunkt in einem Spiel, in dem ein Großteil des Erfolgs davon abhängt, wie gut man blufft.
Außerdem können Frauen die Körpersprache und Mimik ihrer Kontrahenten schneller wahrnehmen und deuten, was ihnen helfen kann, einen Bluff zu durchschauen.
Dass Frauen auch besser mit Druck umgehen können, ist ein weiterer Vorteil fürs Pokerspiel, vor allem bei Live-Turnieren. Während ein Mann unter Stress eher dazu neigt, unüberlegte Entscheidungen zu treffen, geht eine Frau bedachter vor in derartigen Situationen.
All das spricht dafür, dass viel mehr Frauen in der Pokerwelt viel mehr Erfolg haben könnten, wenn sie sich nur mehr (zu)trauen würden. Man muss ja nicht immer gleich „All in“ gehen.
Foto: Adobe / Studio Romantic